Max und der Wackelzahn

Max und der Wackelzahn
Christian Tielmann
Sabine Kraushaar

Max und seine Freundin spielen Monster. Und Monster sind vor allem eins: laut. "Uuuah, ich fresse dich!"
"Ruhe!", ruft Felix, der grosse Bruder von Max. "ıhr macht ja ein Geschrei, dass die Wände wackeln!"
"Quatsch! Die Wände wackeln noch lange nicht!", antwortet Max, das Obermonster.
"Bei mir wackelt höchsteins ein Zahn!", sagt Pauline.
Max darf ganz vorsichtig in Paulines Mund fühlen. Da ist tatsächlich ein Zahn locker.
"Das kommt von eurem Geschrei", sagt Felix. "Wenn ihr so weiterschreit, fallen euch alle Zähne aus!"
Max glaubt Felix kein Wort. Er glaubt eher, dass Felix seine Ruhe haben will.

Aber als Max in der Nacht aufwacht, weil er von wilden Monstern mit riesigen Zähnen geträumt hat, merkt er, dass auch bei ihm ein Zahn wackelt. Der linke Schneidezahn unten sitzt nicht mehr ganz fest! Was, wenn Felix doch Recht hat? Vielleicht haben er und Pauline doch ein bisschen zu laut geschrien? Fallen jetzt alle seine Zähne aus?

Vorsichtshalber weckt Max seine Eltern.
"Wir müssen sofort zum Zahnarzt! Der muss meinen Zahn wieder festkleben", sagt Max.
"Denn muss man nicht festkleben." Papa gähnt. "Das ist ganz normal in deinem Alter. Deine Milchzähne gangen jetzt an zu wackeln und fallen aus, damit du Platz im Mund hast für die neuen, bleibenden Zähne."
"Kann ich nicht meine alten Zähne behalten?" Max ist mit seinen Zähnen eigentlich ganz zufrieden. Wozu braucht er also neue?
"Die bleibenden Zähne sind besser als deine Milchzähnchen, Max. Sie sind grösser und ausserdem sind es mehr."
Papa dreht sich im Bett herum, knipst das Licht aus und murmelt:
"Und wer einen Wackelzahn hat, ist kein kleines Kind mehr, sondern ein grosses. Das ist doch super."

"Ich hatte eine Schlägerei mit drei riesigen Monstern, aber ich habe sie alle besiegt!, sagt Pauline am nächsten Tag. "Leider hat mir eins der Monster einen Zahn ausgeschlagen!" Pauline grinst.
Und Max staunt: Pauline hat tatsächlich eine Zahnlücke. Der Schneidezahn, der gestern noch gewackelt hat, ist weg. Aber auf die Monstergeschichte von Pauline fällt Max natürlich nicht herein - es war ja nur ein Milchzahn.
Mit der Zahnlücke darf Pauline das Obermonster spielen. Schliesslich sieht sie wirklich gefährlich aus. Max findet es ein bisschen unfair, dass Pauline schon eine Zahnlücke hat und er noch immer an seinem Zahn rumwackelt. er drückt mit der Zunge und mit einem Finger gegen den Wackelzahn. Aber es ist nichts zu machen: Der Zahn will einfach nicht raus.

"Ich kann dir den Zahn ziehen", schlägt Felix vor. "Wir kööten es mit der Kneifzange probieren. Oder mit einem Stück Schnur und der Angel!"
"Kommt nicht in Frage!" Auf so einen Blödsinn fällt Max garantiert nicht herein. Felix seufzt. "Na gut, Kleiner. Dann gibt es nur noch eine Möglichkeit: Du musst auf einem Bein rückwärts um den Esstisch hüpfen und dabei rufen: 'Wackelpudding, Wackelpudding, Wackelpudding!'
Schon nach fünfzig Runden ist der Zahn draussen - versprochen."
Das ist doch alles Quatsch mit Sosse!", sagt Pauline "Bei Wackelzähnen muss man eänfach abwarten, bis sie ausfallen."

"Zähneputzen nicht vergessen!", ruft Mama am Abend.
"Wozu das denn?" Wenn die Milchzähne sowieso alle ausfallen, dann braucht er sie auch nicht mehr zu putzen, findet Max.
"Ich spül sie ab, wenn sie ausgefallen sind", schlägt er vor.
"Kommt nicht in Frage!", sagt seine Mutter. "Du musst auch die Milchzähne noch putzen, sonst gehen sie kaputt! Und bis die neuen Zähne da sind, brauchst du die alten ja noch!"

Ein paar Tage später hat Max einen Termin bei Frau Dr. Kraft. Frau Kraft ist Zahnärztin. Max fühlt sich ein bisschen mulmig, als er auf den grossen Stuhl klettert. aber zum Glück ist Papa dabei und kann seine Hand halten. Max muss den Mund ganz weit aufsperren, damit Frau Kraft seine Zähne untersuchen kann.
"He, da wackelt ja schon einer!", freut sich Frau Kraft, als sie den Wackelzahn entdeckt. Sie nimmt einen kleinen Spiegel und betrachtet damit auch die Rückseite der Zähne.
"Deine Zähne sind gesund, Max. Du musst sie auch weiter gut putzen, damit das so bleibt. Am besten dreimal am Tag nach dem Essen.

Auf dem Rückweg vom Zahnarzt wackelt Max die ganze Zeit an seinem Wackelzahn herum. Und als der Bus über einen Hubbel fährt, passiert es: Plötzlich ist der Zahn raus! Max spürt ihn auf der Zunge und holt ihn vorsichtig aus dem Mund. Es blutet ein bisschen, aber nicht viel. "Hurra!", ruft Max und zeigt seinem Vater stolz die Zahnlücke.

"Wir müssen unsere Zähne sammeln!", sagt Max.
"Genau! Das sind unsere Monsterzähne." Pauline nickt begeistert.
"Am besten basteln wir eine Monsterzahnschachtel, damit wir sie nicht verlieren."

Während die beiden zwei Streichholzschachteln für ihre milchzähne bekleben und anmalen, rutscht Max mit der Zunge immer wieder in seine nagelneue Zahlücke. Das fühlt sich seltsam an.

Max ist ungeduldig. "Wann kommt denn endlich der neue Zahn?", fragt er.
"Meiner ist schon da", sagt Pauline.
Tatsächlich guckt bei ihrer Zahnlücke schon der neue Zahn raus. Aber bei Max ist noch nichts zu sehen. Ob nun doch eine Zahnlücke bleibt?
"Dein neuer zahn kommt schon noch", beruhigt ihn seine Mutter.
"Es dauert höchstens ein paar Tage, bis du etwas Weisses sehen kannst."
"Und wann wackelt der nächste?", fragt Max.
Pauline probiert einen nach dem anderen durch, aber alle Zähne sind noch fest.

"Nur Geduld", sagt Mama. "Als Nächstes kommen die restlichen Schneidezähne dran, dann die vorderen Backenzähne und die Eckzähne. Und ganz zum Schluss kriegt ihr die neuen hinteren Backenzähne."
"Das kann ja noch bis Weihnachten dauern, bis wir mit unseren Wackelzähnen fertig sind!", stöhnt Pauline.
Mama lacht. "Noch viel länger! Das neue Gebiss mit den bleibenden Zähnen ist erst in etwa sieben jahren fertig. Und dann kommen noch die Weisheitzähne. Das sind die hintersten Backenzähne - die kriegt ihr erst, wenn ihr erwachsen seid."
"Das ist ja super!", ruft Max. "Dann haben wir sieben jahre lang Zahnlücken wie richtige Monster?"
"Die habt ihr", sagt Max' Mutter. "Und ausserdem habe ich noch eine kleine Wackelzahn-Überraschung für euch."

"Juhu, zwei neue Obermonster!", ruft Max so laut, dass die Wände und die Milchzähne in den Schachteln wackeln.